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Ohne mich ist das Leben ganz einfach

Was für ein wuchtiger Titel. Er stammt aus der Feder einer meiner liebsten spirituellen Autorinnen: Ayya Kheema. Kheema gilt als eine der grossen Integrationsfiguren des Buddhismus im Westen und als eine Meditationsmeisterin mit internationalem Ruf. Zu dieser, ihrer Berufung ist sie aber erst spät im Leben gekommen, mit 56 Jahren, als sie sich mit 56 Jahren in Sri Lanka zur Nonne ordinieren liess.


Geboren 1923 als Ilse Ledermann und aufgewachsen in einem wohlhabenden, behüteten Heim in Berlin, floh sie mit 15 Jahren mit einem Kindertransport vor den Nazis nach Schottland und anschliessend nach Shanghai. Jahre später fand sie ihre Eltern in Japan in einem Kriegsgefängnis wieder, in welchem ihr Vater schliesslich starb. Nach dem Krieg emigrierte sie in die USA, heiratete und bekam zwei Kinder. Während ihrer zweiten Ehe bereiste sie Südamerika und Asien, wo sie mit der Lehre des Buddha in Berührung kam. 1989 kehrte sie nach Deutschland zurück und grmdete im Allgäu das « Haus der Stille «, ein buddhistisches Seminarzentrum der Theravada-Tradition. Ayya Khema lehrte und lebte dort bis zu ihrem Tod im Jahr 1997.




Ayya Kheemas Kernbotschaft ist der des Yoga sehr ähnlich. Kheema sagt: Das, was ich als meine Persönlichkeit oder mein «Ich», mein Ego, empfinde, macht mir eigenlich nur Probleme. Ohne dieses «Ich» könnte ich vollkommen glücklich sein.


Ich, ich, ich


Das ist ebenfalls ein Merkmal indischer (Yoga-) Philosophie. Wissen als Selbstzweck zählt hier nicht. Der Erwerb von Wissen wird einzig als Selbstzweck auf dem Weg zur Selbsterkenntnis geschätzt. Im Yoga geht es also in philosophischer Hinsicht darum, zu verstehen, was zwischen mit und meinem Glück steht.


In unserer westlichen Kultur meinen wir in der Regel, dass das, was zwischen mir und meinem Glück steht, eine Reihe äusserlicher Probleme sei. Wie oft sagen wir uns: «Wäre dies oder jenes anders, ginge es mir besser.» Oder: «Hätte ich dies oder das (nciht), wäre ich freier/gesünder/glücklicher.» Ändern sich diese äusseren Bedingungen, erfinden wir flugs etwas Neues, das usn daran hindert, glüklich zu sein usw. Genau deswegen sagen alle Yoga-Meister einstimmig, dass wir in uns selbst finden können, womit wir uns behindern, wahrhaftig glücklich zu sein. Wenn wir z. B. äusseren Umständen die Macht geben lassen, uns glücklich oder unglücklich zu machen, sind wir verloren. Und so möchte der Yoga uns helfen, zu erkennen lernen, welche Strukturen in mienem Geist nicht günstig und förderlich sind und die mich aus meinem Ich Probleme erschaffen lassen, wo vielleicht gar keine sind. es geht also auch darum, die Unterschiedungskraft - viveka - zu erlernen, die uns hilft, zu unterscheiden, was wirklich wichtig ist und was nicht, was mir guttut, mich stärkt und was nicht. Das ist auch das Anliegen von Ayya Kheema.


Hört rein in einer ihrer wunderbaren Vorträge von 1991:


Er trägt den schönen Titel: «Der Sinn des Lebens».



Eine Kurztransskription ihres Vortrags gibts hier:


«Um was geht's denn eigentlich?

In der Geschäftigkeit des täglichen Lebens wird oft vergessen, dass es höhere Werte gibt als die alltäglichen, denen wir nachjagen. Vor allen Dingen passiert dies, wenn die Jagd so aufreibend ist, dass überhaupt keine Ruhepausen eintreten. Dann vergisst der Mensch vollkommen, um was es eigentlich geht.

Es geht bestimmt nicht darum, mehr zu haben, oder mehr zu wissen. Mehr als wer? Der Nachbar? Oder jemand am anderen Ende der Welt? Oder derjenige, der bei uns im Haus wohnt? Mehr als gestern? Die ganze Jagd, die sich im weltlichen Leben abspielt und sich in der Schnelligkeit und Geschwindigkeit spiegelt, in der jeder vorwärtskommen will, ist ein Trugbild. Wo ist vorwärts? Die Welt ist rund. Unsere ganze Lebensdauer ist von Geburt bis Tod. Wenn wir älter werden, werden wir körperlich schwächer. Wo ist da vorwärts? Es geht höchstens rückwärts.

Die meisten Menschen vergessen vollkommen, was wirklich wichtig ist. Selbst wenn wir es hören, ist es uns immer noch nicht klar, was im Mittelpunkt des Geschehens steht. Um was geht es denn eigentlich? Geht es darum keine Schmerzen zu haben? Oder geht es darum, besser meditieren zu können als unser Nachbar? Oder vielleicht besser als alle Anwesenden? Weiss eigentlich jeder, um was es geht?

(...)

Buddhismus praktizieren ist eine der Möglichkeiten, um zu verstehen, wovon das menschliche Leben handelt. Es geht immer wieder um dasselbe, aber wir müssen uns hineinknien, in diesem Fall sogar wörtlich genommen. Wenn wir oberflächlich zuhören, passiert überhaupt nichts. Im Gegenteil! Erst einmal müssen sich Herz und Geist einig sein, dass die Jagd in der Welt auf keinen Fall bleibende Resultate bringen kann. Im Herzen ist es aber möglich, einen Weg zu finden, der alle Fragen beantwortet und der uns dann am Ende zeigt, wieso wir überhaupt auf der Welt sind.

(...)

Wir haben die Möglichkeit, das grösste Glück und die grösste Reinheit zu erleben, so dass wir nicht nur in unserem Innenleben eine ganz andere Realität sehen, sondern diese Sicht auch auf unsere Umwelt ausbreiten können. Diese andere Realität hat nichts damit zu tun, dass die Welt sich vor unseren Augen ändert. Es ist die Welt unseres inneren Auges, die sich ändert. Wenn das geschehen ist, dann haben wir der Welt den grssten Dienst erwiesen, der denkbar ist. Wir fangen vor allen Dingen damit an, nicht mehr "Gib mir etwas" zu denken, sondern "Ich will geben". Erst wenn es dazu kommt, dass ich geben will und nicht erwarte, dass man mir gibt, dann fängt das Leben an, tieferen Sinn zu haben.»


So hoffe ich, dich mit Ayya Kheema im Alltag inspiriert zu haben, und freue mich, mit dir in den kommenden Yogastunden des Monats Februar dieses Thema weiter zu vertiefen.


Om Shanti*, Claudia



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